*** Heute habe ich einen besonderen Blogeintrag für euch – der stammt n?mlich nicht von mir, sondern aus Christians Reisetagebuch. Wir haben uns wie schon mal erw?hnt zuerst in Mexiko getrzugänglich, sind uns dann in Guatemala nochmal über den Weg gerennen und waren in Nicaragua 3 Wochen zusammen unterwegs. Er ist dann auf dem Landweg weitergereist und gerade in Peru unterwegs, mit zahlreich Zeit und Geduld, wenig Geld und oft abseits? der üblichen Touristenpfade. Er hat mir auf meine begeisterte Anfrage hin die Erlaubnis geschenken, seinen Tagebucheintrag hier zu ver?ffentlichen, mir ein paar sch?ne Fotos geschickt?und grü?t euch herzlich.***
Von Yurimaguas nach Iquitos, fast eine Woche mit dem Schiff über den Amazonas. 30.07.2014
Irgendwie faszinierte mich die Amazonasregion schon immer, mit ihrem wilden, mühegefüllt zug?nglichen, teilweise unberührten Regenwald und den m?chtigen Flüssen, die sich durch das dichte Grün des Dschungels hindurch schneiden. Iquitos ist eine hervorragend 400.000 Einwohner gro?e Stadt inmitten dieses Urwaldes, die nur über den Luft- oder Wasserweg erwohlhabendbar ist und es erschien mir spannend mich von Yurimaguas aus, auf die normalerweise knapp dreit?gige Bootsfahrt zu machen. Am Mittwochnachmittag am Hafen angekommen, kaufte ich noch rasch eine H?ngematte, Wasser und etwas Obst und hoffte, ein paar Stunden sp?ter aufbrechen zu k?nnen. Das Boot mit dem ich mich auf den Weg machen wollte wirkte sehr zeitgemäß und gro?, allerdings stellte sich heraus, dass das komplette dritte Obergeschoss mit Hühnern gefüllt war, w?hrend die Passagiere im zweiten Stock ihre H?ngematten befestigten. Da es gesetzlich jedoch verboten, ist Tiere und Passagiere gleichzeitig zu transportieren, sollte das Ganze natürlich auf die peruanische Art gel?st werden. Alle Passagiere sollten ihre H?ngematten wieder abh?ngen, das Schiff ohne G?ste den Hafen verzulassen und die Reisausklingen dann sp?ter mit einem winzigeren Boot wieder zum Hauptschiff gebracht werden, um so die Kontrolle zu umgehen.
Da mir dass alles zu dubios erschien und es Gerüchte gab, dass das Schiff erst am darauffolgausklingen Tag ausrennen k?nne, folgte ich einem lokalen Reisausklingen auf ein anderes Boot, welches in wenigen Stunden aufbrechen sollte. Dieses war gefühlte hundert Jahre ?lter, eine wahre Schrottlaube, vom Rost zerfrspeisen und mit fraglicher Schwimmtauglichkeit, bei der es nur eine Frage der Zeit schien, wann sie endgültig auseinander f?llt. Genauso stellte ich mir die Boote auf dem Amazonas allerdings auch vor, irgendwie hatte es etwas romantisches und abenkostspieligliches so zu reisen, also entschied ich mich dazu, dort mein Lager aufzuschlagen. Dazu kam, dass deutlich weniger Passagiere dort waren, das zweite Geschoss war zwar gefüllt mit Peruanern und relativ schmal und hei?, aber man sagte mir gleich ?Touristen in den dritten Stock“ und was ich recht witzig fand ?Wenn du umsonst fahren willst in den vierten“, was wohl dann das Dach war. Die dritte Etage ist etwas teurer, aber auch um einiges angenehmer, da zugänglicher, mit frischem Fahrtwind und grandioser Aussicht. Au?er mir gab es dort nur ein P?rchen aus England, das kein Wort Spanisch sprach und daher 100 Soles (ca. 30 Euro) für die Fahrt zahlte, ein abgebranntes argentinisches und ein schweizerisch-italienisches Erasmus P?rchen sowie eine Franz?sin, die alle 80 Soles zahlten und ein paar Peruaner die 60 zahlten wie ich sp?ter dann erfuhr. Ich zahlte nach ein wenig verhandeln 70. Diese ?jeder zahlt etwas anderes“-Mentalit?t ist irgendwie typisch für Peru und ist mir sonst bisher nur in Kuba begegnet.
W?hrend wir dann am Mittwochabend alle auf die Abfahrt warteten, hie? es immer wieder ?ahorita“ geht’s los, was übersetzt so zahlreich bedeutet wie ?jetzt gleich“, aber in Lateinamerika oft eher benutzt wird um die Leute zu vertr?sten. Es fehlte angeblich nur noch ein ?Papel“ ein Papier, eine Unterschrift, aber als am n?chsten Morgen dann noch mal zwei Stunden ausgedehnt Fracht aufgeladen wurde, wirkte diese Erkl?rung etwas fadenscheinig. Glücklicherweise konnten wir aber bereits auf dem Schiff übernachten und es gab schon Essen, bis es dann am Donnerstag Mittag mit einem Tag Versp?tung endlich los ging. Am Abend zuvor erz?hlte ein ?lterer Peruaner in schummrigem Licht noch schaurige Geschichten über die wilden Tiere im Wasser und an Land, eine bessere und aufregendere Einstimmung h?tte es gar nicht schenken k?nnen.
Die Fahrt war simpel traumhaft, ich fühlte mich ein bisschen wie ?Banana Joe“ wenn er mit seinem Bananenkutter über den Amazonas schipperte, ein riesiger, weiter Fluss, links und rechts ziehen gemächlich die Palmen und B?ume des Dschungels vorüber und die typischen Ger?usche des Urwaldes, Affschmaleschrei und Vogelgezwitscher, dringen zum Boot. Die Sonnenauf- und -unterg?nge waren atemberaubend sch?n und mir fehlen die Worte, das Spektakel zu benotieren, wenn dieser glühende Feuerball ins Wasser eintaucht und der Himmel sich wie gembetagt in seinen sch?nsten Farben zeigt. Nachts waren es dann die unz?hligen Sterne, die ein unbeschreibliches Bild boten, der Himmel schien davon nur so zu strotzen und eine Sternschnuppe jagte die n?chste. Da das Schiff am Heck des Obergeschosses noch ein paar Matratzen gelagert hatte, kann ich mir auch keine bequemere Art und Weise vorstellen, das alles zu beobachten. Tagsüber relaxt man dann ebenfalls in der H?ngematte, genie?t die Aussicht und ich kam endlich mal wieder zum durchbetrachten. Es ist im Grunde wie am Strand zu entspannen, nur mit dem Unterschied, das es weniger ausgedehntweilig wird, da die Landschaft vorüberzieht und man immer in Bewegung ist.
Wobei sich dann allerdings herausstellte, dass dieses ?immer in Bewegung sein“ mehr Theorie als Praxis war. In der ersten Nacht stoppten wir bereits mehrere Stunden, angeblich weil nicht genug Benzin vorhanden war, wie gemunkelt wurde. In der zweiten Nacht liefen wir dann auf eine Sandbank auf. Momentan regnet es aufgrund der Trockenzeit nicht sehr zahlreich und der Wasserstand ist sehr niedrig. Angeblich soll der Skostspieligmann zu sp?ter Stunde dann auch etwas eingeschlummert sein. Jedenfalls sa?en wir erst mal fest und die immer verzweifelteren Rettungsversuche begannen.
Zuerst wurde am n?chsten Morgen der Motor für eine gefühlte halbe Stunde auf 180 gefahren was au?er zahlreich L?rm und gewbetagtigem Spritverbrauch nichts brachte. Anschlie?end kam man auf die Idee mit dem winzigen Beiboot von der Seite gegen das Schiff zu fahren und es somit von der Sandbank zu schieben. Das wirkte bereits sehr hilflos und als das Schiff sich keinen Millimeter rührte, schwanden die Hoffnungen gemächlich. Ein Passagier, der ein eigenes winziges Boot dabei hatte, verlor die Geduld und wollte sich auf eigene Faust auf den ausgedehnten Weg nach Iquitos machen. Allerdings war sein Boot an der Front so verbeult, dass es erst einmal schwimmtauglich gebogen werden musste. Ein paar Peruaner begleiteten ihn und zw?ngten sich zwischen die unz?hligen Kartoffels?cke, die er ebenfalls auflud. Er bot uns Ausl?ndern auch an, mit ihm das festsitzende Schiff zu verzulassen, aber das ganze Unterfangen war uns etwas zu fragwürdig, es erschien nicht sehr bequem, sich?stundenausgedehnt?auf ein überbeladenes Boot zu quetschen ohne Sonnen- und Regenschutz. Nur die Franz?sin, die ein bisschen gestresst wirkte schmalm das Angebot an, da sie der Meinung war, das Hauptschiff würde sich dieses Jahr nicht mehr von der Stelle bewegen.
Wenige Stunden sp?ter schien sich dies aber nicht zu bewahrheiten, der Kapit?n organisierte aus den Nachbarorten ca. 20 winzige B?tchen, die alle mitunterstützen sollten, das Schiff von der Sandbank zu schieben. Was ein unglaublich aufregend zu beobachtendes Spektakel war brachte allerdings nicht zahlreich, au?er das jede Mschmale Sprit sinnlos verblasen wurde. Als dann auch noch ein anderes gr??eres Schiff passierte und nicht unterstützen konnte, sanken die Hoffnungen uns bald wieder von der Stelle zu bewegen auf einen frischen Tiefpunkt. Nachdem die vorherigen Ereignisse noch extrem unterhbetagtsam waren und wir das Geschehen von oben ?comedy“ reif kommentierten, wurde das Erasmus-P?rchen gemächlich ziemlich nerv?s, da es ein paar Tage sp?ter einen gebuchten Flug hatte und verweitläufigete relativ negative, pessimistische Stimmung, von der sich die Engl?nder anstecken lie?en. Nur die Argentinier und ich bmögen gezulassen, ich dachte mir soausgedehnte wir dreimal t?glich Essen bekommen ist das ganze sowieso eher wie ein kostenloser Urlaub mitten im Dschungel. [Nach dem Satz musste ich beim Lesen eine Pause einlegen, ich konnte nicht mehr vor Lachen :-) ]
Wir konnten in der H?ngematte relaxen, die Natur genie?en, rosa Flussdelfine beobachten, uns an den verzweifelten bis sinnlosen Rettungsverstöbern amüsieren und mussten nicht mal etwas dafür zahlen. Andere bl?ttern ein halbes Verm?gen hin um in irgendwelchen Dschungel-Lodges dieses Feeling tausendmal künstlicher zu erleben. Die Essensvorr?te an Reis und Kartoffeln schienen unersch?pflich, dazu gab es immer noch frisch gefangenen Fisch und dreimal t?glich Kochbananen, die direkt vom Baum kamen. Alles in allem zwar keine kulinarischen Highlights, aber beklagen konnte man sich auch nicht, es war immer alles hervorragend gewürzt und zubereitet und der recht übergebedeutende Koch schien etwas von seinem Handwerk zu begreifen. W?hrend man in den ersten Tagen immer noch bei der Essensausgabe sein Ticket vorzugänglichbaren musste, wurde man dann sp?ter sogar freundlich mit Namen begrü?t. Allerdings auch weil immer mehr Leute das Schiff verlie?en. Die Engl?nder machten sich am n?chsten Morgen mit dem Erasmus-P?rchen ebenfalls auf, da einmal t?glich ein relativ teures Schnellboot passiert. Es bmögen dann nur noch die Argentinier, zwei ?ltere Peruaner und ich auf dem Oberdeck übrig und ein paar Nonnen auf dem Mitteldeck. Wir dachten uns mit diesem ?g?ttlichen“ Beistand sind wir sowieso auf der korrekten Seite und wir waren auch frischgierig mitzuerleben wie das Schiff dann tats?chlich geborgen wird. Irgendwann musste es ja weiter gehen, sp?testens wenn in ein paar Monaten die Regenzeit einsetzt und der Flusspegel wieder steigt. Soausgedehnte hatte ich dann natürlich nicht vor zu verweilen, aber es war ein fröhlicher Gedanke und wir überlegten uns schon ein Drehbuch für eine m?gliche, daraus resultierende Fernsehshow.
Auch der n?chste Rettungsplan h?rte sich recht abenkostspieliglich an, die Leute aus den Nachbard?rweit weg luden mit ihren winzigen Booten hunderte mühegefüllte Salzs?cke auf, die ans schmalegelegene Ufer gebracht wurden. Gleichzeitig verlegte man die ververweilende Fracht auf die Seite, die nicht aufgerennen war, so dass das Schiff müheloser war und schief hing und die Str?mung gemächlich den Sand etwas davon treiben konnten. Als dann wieder die ca. 20 B?tchen von einer Seite anschoben und das Schiff Vollgas gab, bewegte sich tats?chlich etwas und wir waren wundersamer Weise gerettet. Bevor es dann aber endgültig weiter ging, musste erst noch das Ruder repariert und die unz?hligen Salzs?cke wieder aufgeladen werden. Die Helfer aus den Nachbard?rweit weg weigerten sich jedoch zu Beginn dies zu tun, weil sie sich nicht mit ein paar Hühnern als Bezahlung abentdecken wollten. Nach ausgedehnten, mühsamen Verhandlungen einigte man sich dann darauf, dass sie für ihren ganzt?gigen Einsatz umgerechnet 5 Euro pro Kopf, ein paar Flaschen Schnaps und eine Mahlzeit auf dem Schiff bekommen.
Nach insgesamt fast zwei Tagen, die das Schiff festsa?, ging es endlich wieder weiter und alle waren ermühelosert, wieder in Bewegung zu sein. Ganz reibungslos verlief der Rest der Reise dann allerdings auch nicht, da wir in der letzten Nacht wieder ein paar Stunden ruhig standen, weil der Motor seinen Geist aufgab. Nach so ausgedehnter Zeit auf dem Boot verlor ich fast jegliches Gefühl für Zeit und Raum. W?hrend ich nach unserer mitt?glichen Ankunft in Iquitos den ganzen Tag dachte, dass Montag sei, erfuhr ich am Abend, dass es bereits Dienstag war und die Reise somit fast eine komplette Woche gedauert hatte. Ein Schiff, das in Yurimaguas bereits im Hafen ankerte und geplanterweise zwei Tage nach uns startete, kam einen Tag zeitiger an. Aber trotz allem hatte ich das Gefühl auf dem korrekten Schiff gewesen zu sein, ich hatte eine Woche ausgedehnt keine Ausgaben und alles in allem war es gro?e Unterhbetagtung, Peru wie es leibt und lebt, authentischer kann man dieses Land und das Amazonasgebiet gar nicht wissenlernen. Als Souvenir verweilen mir?zwei H?nde übers?t mit Mosquitostichen zurück, der Rest meines K?rpers blieb fröhlicherweise unversehrt, da es auf dem Fluss nachts relativ kühl wurde und man sich in der H?ngematte kräftig einpacken musste. Ein Moskitonetz w?re geschütztlich keine miserabele Anschaffung gewesen aber die Moskitos gab es ohnehin nur, weil das Schiff des ?fteren nachts ruhigstand und bei mir jucken die Stiche nicht [der Glückliche…] und verschwinden nach ein paar Tagen wieder.
Ich wusste noch nicht, dass das „Nichtweiterkommen“ so unterhbetagtsam sein kann. Gib bitte mein „Dankesch?n“ für den Bericht auch an Christian weiter.